Melatonin für den Hund – das Zauberhormon?
Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Ein Hund, der normalerweise auf laute Geräusche mit Panik reagiert, schläft nach einer Tablette seelenruhig in seinem Körbchen.
Dieser Effekt wird Melatonin zugeschrieben. Was versteckt sich hinter diesem Begriff? In welchen Bereichen kann man es einsetzen und hält es wirklich, was es verspricht? Diese Fragen und noch viele Weitere beantworte ich dir in diesem Artikel.
Was ist Melatonin?
Melatonin ist ein Hormon. Die Zirbeldrüse, das ist ein Bereich des Zwischenhirns, stellt es aus Serotonin her. Grob kann man sagen, dass Melatonin dir und deinem Hund dabei hilft, zu erkennen, wann Schlafenszeit ist.
Bei Tag hemmt das Licht die Ausschüttung von Melatonin. Wird es dunkel oder hält dein Hund sich an einem abgedunkeltem Ort auf, wirkt diese Hemmung nicht mehr. Dann produziert die Zirbeldrüse vermehrt Melatonin und schüttet dieses aus, damit dein Hund müde wird.
Daher nutzen Menschen Melatonin gern, wenn sie nach Flugreisen an einem Jetlag leiden. Das Hormon synchronisiert unsere innere Uhr neu, sodass wir uns schneller an den neuen Rhythmus gewöhnen.
Das Ganze läuft übrigens über Rezeptoren in den Augen. Diese geben der Zirbeldrüse darüber Bescheid, wie hell es um uns herum ist.
Bei anderen Tieren steuert Melatonin noch weitere Vorgänge: Zugvögeln weist es den richtigen Moment, um gen Süden zu starten. Auch die Paarungszeit wird unter anderem über Melatonin geregelt.
Dein Hund produziert also eigentlich selbst Melatonin, wenn er es braucht. Dennoch ist es, vor allem in den USA, momentan „angesagt“, dieses Hormon synthetisch hergestellt einzunehmen. Auch für Tiere wird es vor allem in den Staaten verwendet.
Melatonin in Lebensmitteln
Natürlich kommt Melatonin in pflanzlichen sowie einigen tierischen Lebensmitteln vor. Ungeschlagener Platz 1 sind dabei Preiselbeeren. In ihnen verstecken sich bis zu 9,6 mg Melatonin auf 100 g Trockengewicht gerechnet. Weitere melatoninreiche Lebensmittel sind
- Hafer
- Gerste
- Mais
- Reis
- Pilze (Steinpilze, Pfifferlinge, Champignons)
- getrocknete Tomaten
- Eier
- und Fisch
Nimmst du viel dieser Lebensmittel zu dir, ist ein deutlich erhöhter Melatoninspiegel in deinem Blut nachweisbar. Studien haben gezeigt, dass Personen, die sich melatoninreich ernähren, besser schlafen (Quelle in englischer Sprache).
Bei welchen Beschwerden verwende ich Melatonin?
Beruhigung
Melatonin ist quasi ein natürliches Schlafmittel. Es macht schläfrig, beruhigt und entspannt. Daher findet es vor allem bei Haltern von ängstlichen Hunden Anwendung.
Das Hormon kann in den folgenden Situationen helfen:
- Angst vor Gewittern oder Silvester
- längere Autofahrten oder andere Reisen (Schiff, Flugzeug etc.)
- andere akute Stresssituationen wie Trennung vom Besitzer
- Epilepsie
Manche Tierärzte wenden Melatonin außerdem als Therapie bei Cushing an.
Du solltest es nicht dauerhaft verabreichen. Welche Folgen es über längere Zeit bei deinem Hund auslösen kann, ist bisher nicht ausreichend erforscht.
Am besten eignet es sich bei Problemen von absehbarer Dauer. Richtig dosiert, kann es deinem Hund helfen, besser über diese stressige Zeit zu kommen.
Epilepsie
Vor allem, wenn dein Hund an Epilepsie leidet, kannst du ihm mit Melatonin die Zeit des Anfalls erleichtern. Ein epileptischer Anfall kündigt sich in der Regel Stunden bis Tage vorher an.
Der eigentliche Anfall dauert nur Minuten, ist aber sowohl für das Tier als auch für den Halter furchtbar stressig. Gibst du ihm vorher Melatonin in der richtigen Dosis, kannst du so dafür sorgen, dass er den Anfall besser übersteht.
Hält Jung
Das Hormon wirkt übrigens auch als Antioxidants. Seine antioxidative Wirkung soll sogar doppelt so gut sein wie die von Vitamin E. Man sagt also nicht umsonst, dass ausreichend Schlaf jung und gesund hält.
Schlafmangel, bzw. viel (künstliches) Licht, kann tatsächlich dazu führen, dass wir schneller altern.
Melatonin soll außerdem gegen Krebs helfen. Zumindest wird in diese Richtung geforscht. Verschiedene Studien kamen bisher jedoch zu keinem eindeutigen Ergebnis (Quelle).
Dosierung
Wie genau Melatonin zu dosieren ist, entnimmst du am besten deinem Produkt direkt. In der Regel stimmt diese Dosierungstabelle. Sollte sie von der abweichen, die dein Produkt angibt, halte dich unbedingt an die Tabelle deines Produktes!
- Kleine Hunde bis 7 kg: 1 mg
- Mittelgroße Hunde zwischen 7 kg und 15 kg: 1,5 mg
- Große Hunde ab 15 kg: 3 mg
Diese Dosis kannst du bis zu dreimal täglich verabreichen. Die Wirkung hält einige Stunden an, ehe du sie bei Bedarf erneuern musst.
Hat dein Hund schreckliche Angst vor Gewittern, gib ihm die erste Dosis etwa zwei bis drei Stunden bevor das Gewitter beginnen soll. Dann hat das Hormon Zeit zu wirken. Blitzt und donnert es länger, kannst du nach sechs bis acht Stunden eine weitere Dosis geben.
Nebenwirkungen
Da gibt es leider eine ganze Menge. Melatonin ist kein Bonbon, sondern ein Hormon. Gibst du es deinem Hund, greifst du damit in seinen natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus ein.
Du löst quasi einen Jetlag aus, wo keiner sein müsste. Dein Hund muss dann seine innere Uhr erst wieder neu stellen. Auch das kann für ihn Stress bedeuten, dem wir ihn durch die Gabe von Melatonin eigentlich ersparen wollten.
Er kann in dieser Zeit Schlafstörungen entwickeln.
Manche Hunde müssen nach der Gabe von Melatonin häufiger Urinieren, leiden an Magenkrämpfen, zeigen leichte Verhaltensänderungen oder Apathie. Allergische Reaktionen sind ebenfalls möglich.
Melatonin kann mit verschiedenen Medikamenten wechselwirken. Wenn dein Hund auf Medikamente angewiesen ist, sprich die Gabe auf jeden Fall mit deinem Tierarzt ab. Sowieso solltest du deinem Hund nicht eigenverantwortlich etwas verabreichen.
Bei manchen Hunde bewirkt die Gabe von Melatonin sehr lebendige, aufregende Träume oder eine Minderung des Geschlechtstriebes. Es kann auch zu einer Verkleinerung der Hoden oder Eierstöcke führen, was sich auf die Fortpflanzungsfähigkeit auswirken kann.
Bei einer Überdosierung reagieren Hunde häufig mit übermäßiger Schläfrigkeit, Schwindel und Muskelzittern. Sie sind außerdem desorientiert und können auf längere Sicht Leberprobleme entwickeln.
Gibt es Hunde, die kein Melatonin bekommen dürfen?
Da Melatonin hauptsächlich über Leber und Niere abgebaut wird, solltest du es deinem Hund nicht geben, wenn er Probleme mit diesen Organen hat. Die zusätzliche Belastung ist den Effekt nicht wert.
Die Wirkung auf trächtige oder säugende Hündinnen ist nicht erforscht. Verzichte daher auch in diesem Fall um kein Risiko einzugehen.
Worauf muss ich beim Kauf achten?
Melatonin ist in Deutschland verschreibungspflichtig. Während du es in den USA frei verkäuflich erhältst, bekommst du es in Deutschland nur auf Rezept.
Frei verkäufliche Präparate in Deutschland enthalten viel weniger von dem Hormon. Sie dürfen außerdem nicht als Medikamente deklariert werden. Das bedeutet, dass auch die Wirkung deutlich milder ausfallen dürfte.
Nimmt Melatonin wirklich die Angst?
Ganz kurz: Nein. Das wäre auch zu einfach. Das Hormon beruhigt zwar aber wenn es das nächste Mal laut knallt oder du deinen Hund alleine lassen musst, wird er wieder Panik bekommen.
Die Gabe von Melatonin bekämpft nicht den Ursprung des Problems. Sie lindert nur die Symptome, daher wäre es viel besser, wenn du und dein Hund gemeinsam die Ursache angeht.
Ängste sind behandelbar. Das ist viel besser, als deinem Hund regelmäßig ein Schlafhormon zu geben.
Viele Hunde sprechen gut darauf an, wenn man unangenehme Situationen schön füttert. Leidet dein Hund bei Gewittern oder an Silvester unter Panik, gib ihm für diese stressige Zeit ein besonderes Leckerli.
Kauartikel, die deinen Hund fordern, eignen sich dafür sehr gut. Rinderkopfhaut ist beispielsweise ein sehr harter Snack, den dein Hund lange kauen muss.
Ich habe schon Hunde gesehen, die jahrelang an Silvester zitternd in der Badewanne lagen. Mit dem richtigen Snack starteten auch sie entspannt ins neue Jahr.
Verlassensängste musst du ebenfalls nicht mit Medikamenten unterdrücken. Vielen Hunden hilft es, wenn sie lernen, dass es gar nichts Besonderes ist, wenn du das Haus verlässt. Trainingseinheiten, während denen du häufig und nur für wenige Minuten herausgehst, zeigen schnelle Erfolge.
Lasse deinen Hund kurz alleine und ignoriere ihn völlig, wenn du wiederkommst. Dein Hund lernt so, dass es keine große Sache ist, wenn du ihn verlässt. Idealerweise liegt er irgendwann dort, wo du ihn zurückgelassen hast und würdigt dich bei deiner Rückkehr keines Blickes.
Klingt vielleicht hart, aber das ist für den Hund am entspanntesten. Bleibt er so ruhig liegen, darfst du ihn natürlich ausführlich knuddeln.
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Melatonin für Hunde – Fazit
Melatonin ist ein wichtiges Hormon, das unseren Schlafrhythmus steuert. Eingriffe mit Melatonin kann nicht nur Schlafstörungen nach sich ziehen, sondern auch diverse körperliche Nebenwirkungen auslösen. Es wirkt zwar beruhigend in Stresssituationen, kann aber gleichzeitig zu Leberproblemen oder einer eingeschränkten Fruchtbarkeit führen.
Die Gabe von Melatonin löst außerdem nicht das Problem der Angst. Gezieltes Training in diese Richtung ist da viel sinnvoller.
Häufig gestellte Fragen
Wann schüttet der Körper Melatonin aus?
Bei Dunkelheit (egal ob bei Nacht, in einem abgedunkelten Raum oder bei geschlossenen Augen), produziert die Zirbeldrüse das Hormon. Gegen zwei bis drei Uhr morgens ist der Melatoninspiegel im Blut am höchsten.
Mein Hund hat Schlafstörungen. Kann ich ihm Melatonin geben?
In Absprache mit deinem Tierarzt, ja, allerdings solltest du nach der Ursache für die Schlafstörungen suchen.
Anhaltender Stress oder verschiedene Krebserkrankungen können zu Mangel an Serotonin, welches für die Herstellung von Melatonin benötigt wird, führen.
Warum gibt es Melatonin in Deutschland nur auf Rezept?
In diesem Video erfährst du mehr über die Gesetzeslage in Deutschland zum Thema Melatonin.