Aggressiver nach Kastrationschip: Alles zur Erstverschlimmerung

erstverschlimmerung nach kastrationschip

Vor einigen Jahren war es noch völlig normal, einen Hund mit Einsetzen der Geschlechtsreife zu kastrieren. Mittlerweile hat sich die Einstellung zu diesem Eingriff etwas verändert.

Beispielsweise gibt es Studien, die darauf hindeuten, dass eine Kastration das Risiko bestimmter Krebsarten nicht verringert, sondern erhöht.

Seit einigen Jahren ist deshalb ein neuer Spieler auf dem Markt: der Kastrationschip für Rüden. Er soll den Rüden entspannter und weniger aggressiv machen, wie die klassische Kastration. Viele Halter stellen aber kurz nach dem Setzen eher das Gegenteil fest.

Alles über die Erstverschlimmerung nach dem Kastrationschip erfährst du hier.

Erstverschlimmerung nach Kastrationschip: Auf den Punkt gebracht!

Der Kastrationschip verhindert die Ausschüttung von Sexualhormonen und macht deinen Hund dadurch zeitweise zeugungsunfähig. Er greift allerdings auch in den Testosteronspiegel ein. Dadurch werden manche Rüden für vier bis sechs Wochen aggressiver. Lasse deinen Rüden in dieser Zeit nicht von der Leine und sorge gleichzeitig für körperliche und geistige Auslastung.

Was ist ein Kastrationschip überhaupt?

Der Kastrationschip ist eine chemische Kastration deines Rüden. Anders als bei der Operation bleibt dein Rüde hierbei intakt, also theoretisch zeugungsfähig, wobei seine Spermienproduktion heruntergefahren wird.

Auch seine sexuellen Triebe lassen nach. Es ist mit dem Chip wahrscheinlicher, dass er eine läufige Hündin ignoriert oder ihr entspannter begegnet.

Zusätzlich muss dein Hund nicht auf den OP-Tisch. Der Kastrationschip, übrigens auch Hormonchip genannt, wird einfach mit einer Spritze unter die Haut gesetzt.

Wie beim Transponder sitzt der Hormonchip in einer Spritzenkanüle. Meist setzt der Tierarzt ihn in den Nacken oder zwischen die Schulterblätter.

Der Kastrationschip hält, je nach Hersteller und Dosierung, zwischen sechs und zwölf Monaten vor. Anschließend müsstest du deinem Rüden einen neuen verpassen oder die Wirkung auslaufen lassen.

Ein Chip kostet etwa 100 €. Die Methode eignet sich für Rüden ab der Geschlechtsreife, also wenn sie mindestens ein halbes Jahr alt sind.

Wirkungsweise eines Kastrationschips

Der Kastrationschip ist ein bisschen wie die Pille für den Rüden: Er greift in seinen Hormonhaushalt ein und sorgt dafür, dass er weniger Spermien produziert und gleichzeitig kein sexuelles Verlangen mehr verspürt.

Das bedeutet aber, dass dein Rüde auch mit einem Hormonchip unter der Haut theoretisch zeugungsfähig bleibt. Er spürt nur kein Bedürfnis mehr, sich zu paaren, und zeugt entsprechend auch keinen Nachwuchs.

Die Chips enthalten den Wirkstoff Deslorelin. Das ist ein GnRH-Agonist, was bedeutet, es wirkt gegen das Gonadotropin-Releasing-Hormon.

Als Folge schüttet der Rüde nun weniger follikelstimulierende und luteinisierende Hormone (FSH und LH) aus.



Einfacher gesagt: Der Chip sorgt dafür, dass deinem Hund die Hormone fehlen, die er braucht, um seine Fruchtbarkeit aufrechtzuerhalten. Ob er tatsächlich gar keine Spermien mehr produziert, wurde bisher nicht ausreichend untersucht.

Die Wirkung setzt vier bis sechs Wochen nach der Implantation sein.

Welche Nebenwirkungen hat der Chip?

Ein Kastrationschip wird gern als sehr nebenwirkungsarm beworben. Schließlich ist keine OP nötig und die Wirkung vollständig reversibel. Zusätzlich haben kastrierte Rüden den Ruf, ruhiger zu sein als ihre unkastrierten Artgenossen.

Genau diesen Effekt soll der Chip ganz ohne OP auch haben.

Ganz so stimmt das aber leider nicht. Auch der Chip hat eine Reihe an möglichen Nebenwirkungen. Immerhin greift er in den Hormonhaushalt deines Rüden ein.

Es wäre leichtsinnig zu denken, dass dadurch keine Nebenwirkungen entstehen.

  • Haarausfall und andere Fellprobleme
  • Inkontinenz
  • erhöhter Appetit
  • Ängstlichkeit
  • geringes Infektionsrisiko an der Einstichstelle
  • geringes Risiko, dass der Chip durch fehlerhaftes Setzen ins Fettgewebe unwirksam ist

Zusätzlich berichten immer wieder Hundehalter darüber, dass ihr ohnehin schon schwieriger Rüde noch anstrengender wurde. So auch in diesem Video mit Erfahrungsbericht.

KASTRATIONSCHIP BEIM HUND: Das sind unsere Erfahrungen | Die ersten Wochen danach | Kastration Rüde

Warum dein Rüde nach dem Setzen des Kastrationschips schwieriger wird

Der Kastrationschip ist für viele Hundehalter eine Übergangslösung für junge, übermütige Rüden. Sie hoffen, damit die besonders schwierige Zeit zu überbrücken und so um eine dauerhafte Kastration herumzukommen.

Entsprechend sind sie frustriert und enttäuscht, wenn der Chip nicht die gewünschte Wirkung zeigt. Der Rüde wird nicht ruhiger, sondern aktiver und aggressiver.

Dieses Verhalten hat ebenfalls mit dem Wirkstoff Deslorelin zu tun. Die dadurch ausgeschütteten Hormone beeinflussen nämlich auch die Menge an Testosteron, die dein Rüde produziert und freisetzt (Quelle).

Testosteron ist das wichtigste Sexualhormon. Es sorgt nicht nur für sexuelles Verlangen, sondern führt auch zu erhöhter Aggressivität.

Dein Rüde produziert bereits ausreichend Testosteron. Durch das Deslorelin erhält er noch etwas zusätzlich. Der Wirkstoff führt dazu, dass einmalig sozusagen alle Produktionsstätten für Testosteron angeworfen werden.

Er leidet also ab dem Setzen des Chips an einer Überdosis. Anschließend verhindert Deslorelin, dass weiterhin Testosteron freigesetzt wird. Nach vier bis sechs Wochen pendelt sich der Testosteronspiegel deines Rüden wieder ein.

Da liegt also der Hase im Pfeffer: Dein Rüde hat zu viel Testosteron und benötigt Zeit, um seinen Hormonhaushalt wieder in den Griff zu bekommen.

Das bedeutet, dass er nach diesen vier bis sechs Wochen wieder ruhiger werden sollte. Jetzt ist es auch möglich, dass er durch seinen heruntergefahrenen Sexualtrieb insgesamt entspannter wird. Eine Garantie für einen entspannteren Rüden ist das aber nicht.

Ist es sinnvoll, den Hormonchip in diesem Fall frühzeitig zu entfernen?

Leider eher nicht. Bemerkst du, dass dein Hund durch den Hormonchip aggressiv wird, ist es zu spät. Der Chip hat seinen Wirkstoff bereits abgegeben und der Körper deines Hundes entsprechend darauf reagiert. Den Chip nun zu entfernen, hätte keinen Effekt mehr.

Wann immer etwas in unseren Hormonhaushalt eingreift, steuert unser Körper, wenn möglich, etwas zeitversetzt gegen. Du würdest deinen Hund durch das Entfernen nur erneut durcheinanderbringen.

Natürlich spricht aber nichts dagegen, den Chip nicht trotzdem frühzeitig wieder zu entfernen. Das ist in der Regel kein großer Akt: Dein Rüde erhält eine Kurznarkose oder, wenn er es mitmacht, wird örtlich betäubt.

Ist der Chip tastbar, muss der Tierarzt nur einen kleinen Schnitt setzen und kann ihn anschließend entfernen.

4 Tipps wie du mit der Erstverschlimmerung umgehen solltest

Idealerweise weißt du um die mögliche Erstverschlimmerung, bevor du dich für den Hormonchip entscheidest. Ansonsten führt der Frust über das unmögliche Verhalten deines Rüden im schlimmsten Fall zu einer Verschlechterung eures Verhältnisses.

In den folgenden Unterpunkten findest du Tipps, wie du die ersten Wochen nach dem Einsetzen besser hinter euch bringen kannst.

💡 Tipp 1: Lasse deinen Hund nicht von der Leine

Liebestolle Rüden mit Testosteronüberschuss vergessen ihre gute Erziehung, wenn sie eine läufige Hündin in die Nase bekommen. Ein Rückruf oder Pfiff funktioniert da nicht mehr.

Lasse es besser gar nicht erst so weit kommen und führe deinen Rüden nur an der Leine. Bessert sich sein Zustand, kannst du ihn dort, wo es erlaubt ist, wieder frei laufen lassen.

💡 Tipp 2: Viel Beschäftigung

Das Testosteron führt zu einem hohen Bewegungsdrang. Sorge dafür, dass dein Rüde diesem nachgehen kann. Am besten eignet sich Agility oder Longentraining.

Beides fordert deinen Hund körperlich und stärkt eure Bindung zueinander.

Zusätzlich darfst du die Kopfarbeit nicht vergessen. Beschäftige Bello zu Hause mit Denkspielzeugen und Nasenarbeit. Ist er ausgelastet, wird er insgesamt entspannter, bis die Hormonumstellung durch ist.

💡 Tipp 3: Abgelegene Wege

Vielleicht gibt es in deiner Nähe Spazierwege, die kaum von anderen Hundehaltern genutzt werden? Perfekt! Hier wird dein Rüde so wenig fremden Hundegerüchen ausgesetzt, wie möglich.

Diese Wege solltest du jetzt bevorzugt wählen. Dein Rüde wird zwar weiterhin viel markieren und schnüffeln, aber zumindest nicht so viel durch Artgenossen abgelenkt.

💡 Tipp 4: Abwechslungsarme Spaziergänge

Natürlich darfst und solltest du eure Spaziergänge weiterhin spannend gestalten. Mit diesem Punkt meine ich nur, dass der Weg an sich abwechslungsarm sein darf.

Drehe dafür einfach nach der Hälfte um, anstatt einen Rundweg zu laufen.

So kommt dein Rüde an all den Stellen vorbei, die er bereits markiert und ausgiebig beschnüffelt hat. Es gibt hier nichts Neues, also kann er entspannter neben dir laufen.

Darum ist auch eine chirurgische Kastration kein Heilmittel für aggressive Rüden

Aggressivität ist bei Weitem nicht immer sexuell motiviert. Ist dein Rüde eher ängstlich und schlägt diese Angst in Aggressivität um, hätte die Kastration einen gegenteiligen Effekt: Dann wäre er anschließend noch ängstlicher und demnach noch aggressiver (Quelle).

Allgemein versprechen sich die meisten Hundehalter zu viel von einer Kastration, egal ob chemisch oder chirurgisch. Ja, manche Rüden werden anschließend ruhiger, aber andere eben auch nicht.

Zusätzlich werden Rüden allgemein entspannter, wenn sie ihre Hochphase hinter sich haben.

Der beste Weg, mit einem aggressiven Rüden umzugehen, ist Training. Hat dein Rüde ein Aggressionsproblem, braucht er in erster Linie einen guten Hundetrainer. Kein Mikrochip kann den ersetzen.

Erstverschlimmerung nach Kastration: Das Fazit

Mit etwa 100 € pro Chip ist ein Kastrationschip gar nicht so günstig. Die chirurgische Kastration würdest du für etwa 200 bis 300 € bekommen.

Um den Hund zeitweise zeugungsunfähig zu machen, beispielsweise weil eine Hündin im Haushalt lebt, eignet er sich aber definitiv.

Die möglichen Nebenwirkungen solltest du dennoch nicht unterschätzen. Denke daran, du greifst in den Hormonhaushalt deines Hundes ein.

So ist schließlich auch die Erstverschlimmerung zu erklären.
Soll dein Hund dauerhaft zeugungsunfähig bleiben, würde ich dir daher die chirurgische Kastration empfehlen.

Häufig gestellte Fragen

Wann fängt der Kastrationschip an zu wirken?

Nach etwa vier bis sechs Wochen setzt die Wirkung ein. Sie hält, je nach Präparat, sechs oder zwölf Monate an.

Welche Nebenwirkungen hat ein Kastrationschip?

Direkt nach dem Setzen des Chips kann es zu einer Rötung und Schwellung um die Einstichstelle kommen. Während der Chip wirkt, kann dein Rüde zusätzlich unter Haarausfall, Angst, Inkontinenz oder einem höheren Appetit leiden.

In welchem Alter kann ich einen Hormonchip anwenden?

Der Hormonchip ist für Rüden ab der Geschlechtsreife zugelassen. Er ist ausschließlich für unkastrierte Rüden zu verwenden.

Wird ein Rüde nach einer Kastration ruhiger?

Eine Kastration vermindert auf jeden Fall sexuell motivierte Aggressivität, macht einen Rüden aber nicht allgemein ruhiger. Manche Hundehalter berichten davon, dass ihr Rüde anschließend deutlich entspannter war, andere konnten keinen Unterschied feststellen.

Ähnliche Beiträge