Natürlicher Tod oder Einschläfern? Ein Vergleich der Optionen
Irgendwann muss sich jeder Hundehalter mit dem Thema auseinandersetzen, wie sein Vierbeiner aus dieser Welt scheiden soll. Heutzutage sterben die meisten Hunde kontrolliert beim Tierarzt durch eine Euthanasie. Aber es gibt auch die Möglichkeit, der Natur ihren Lauf zu lassen.
Dieser Artikel soll beide Möglichkeiten, Euthanasie und natürlicher Tod, miteinander vergleichen und Vor- und Nachteile aufzeigen. Du wirst sehen, dass es hier nicht nur Schwarz und Weiß gibt.
Welchen Weg dein Hund und du am Ende einschlagt, ist deine persönliche Entscheidung.
Natürlicher Tod und Euthanasie – zwei kurze Definitionen
Natürlicher Tod
Als natürlichen Tod bezeichnen wir den Sterbeprozess, der natürlicherweise am Ende des Lebens beginnt. Er wird bei Hunden in drei Phasen unterteilt. Am Ende der dritten Phase steht unweigerlich der Tod.
Ein natürlicher Tod tritt nicht allein aufgrund hohen Alters ein. Es ist immer ein krankhaftes Geschehen verantwortlich. Aufgrund des Alters sind die gesundheitlichen Ursachen aber möglicherweise nicht mehr oder nur noch schlecht behandelbar. Irgendwann kommt es dadurch zu einem langsamen Organversagen.
Arbeitet ein Organ nicht mehr, folgen langsam die übrigen. Der Körper schaltet also nach und nach seine Funktionen ab.
Das ist aber nur eine Möglichkeit. Ein natürlicher Tod kann auch ein Herzinfarkt im Schlaf sein. Für viele Besitzer ist das zwar verständlicherweise schockierend, aber gleichzeitig auch beruhigend. Dass Hunde einfach einschlafen und nicht mehr aufwachen, ist eher selten.
Euthanasie
Als Euthanasie bezeichnet man das medizinische Eingreifen in den natürlichen Sterbeprozess. Dabei erhält der Hund ein Medikament, das sein Herz und die Atmung zum Stillstand bringt. Der Tod tritt innerhalb von Sekunden danach ein. Zuvor ist eine Narkose nötig.
Das schreibt § 4 des Tierschutzgesetzes vor: Wirbeltiere dürfen nur unter Schmerzausschaltung getötet werden.
Gelegentlich wird der Begriff „Euthanasie“ auch für abgebrochene Behandlungen genutzt, wenn dadurch definitiv der Tod eintreten wird. Auch unterstützende Maßnahmen, etwa Schmerzlinderung während des Sterbeprozesses, nennt man manchmal Euthanasie.
In der Tiermedizin verstehen wir aber hauptsächlich das Herbeiführen des Todes durch dafür vorgesehene Medikamente darunter.
Wie natürlich ist der „natürliche Tod“ wirklich?
Wir nennen den natürlichen Tod zwar „natürlichen Tod“. Betrachten wir aber die Natur, hat diese Art des Sterbens nicht viel mit dem in der Wildnis zu tun. Kaum ein wildes Tier lebt so lang, dass es am Ende seines Lebens multiples Organversagen erleidet. In diesem Zustand müsste es außerdem unentdeckt bleiben, bis es daran verstorben ist.
Der normale Lauf der Dinge wäre entweder ein deutlich früherer Tod durch Fressfeinde, Verletzungen, Krankheiten oder Hunger. Lebt ein Tier tatsächlich so lang, dass der Sterbeprozess altersbedingt beginnt, wäre es spätestens jetzt ungeschützt.
Fressfeinde würden es sehr wahrscheinlich finden.
Man könnte also sagen, dass der natürliche Tod unserer Haustiere eine verzögerte Version des wirklichen, natürlichen Todes ist. Er tritt später ein und dauert voraussichtlich deutlich länger.
Natürlicher Tod oder Euthanasie? Der Vergleich
In den folgenden Unterpunkten gehe ich auf Bereiche ein, die den natürlichen Tod und die Euthanasie voneinander unterscheidet. Welche Option dabei besser abschneidet, ist manchmal eine subjektive Entscheidung. Was für den einen Hundehalter ein Vorteil ist, kann für den anderen ein Nachteil sein.
Lies dir die Punkte also gut durch. Überlege dir anschließend, welche Möglichkeit besser auf dich, deinen Hund und eure Situation passt.
Vergleich #1: Dauer
Euthanasie und natürlicher Tod dauern unterschiedlich lang. Die Euthanasie ist dabei viel kürzer. Nach dem Setzen der Narkose dauert es wenige Minuten, bis der Hund tief schläft. Anschließend spritzt der Arzt das Medikament zur Euthanasie. Ist diese Spritze gesetzt, stirbt der Hund binnen Sekunden. Sein Herz hört auf zu schlagen, seine Atmung setzt aus. Er ist tot.
Dennoch lässt der Arzt nun zusätzlich einige Minuten vergehen. Das dient einmal dem Abschiednehmen. Idealerweise bist du bei der Euthanasie dabei. Du kannst deinen Hund dabei auch auf dem Arm halten oder deinen Tierarzt zu dir nach Hause kommen lassen.
Außerdem stellt diese Zeit sicher, dass die Euthanasie korrekt abgelaufen ist.
Nach diesen Minuten wird der Tierarzt deinen Hund abhören und vielleicht Reflexe testen. Ist alles so verlaufen, wie es sollte, was es in den allermeisten Fällen tut, ist es geschafft.
Der natürliche Tod ist da viel langsamer. Er teilt sich in drei Phasen. Jede dieser Phasen kann mehrere Tage andauern.
Allerdings ist es zu jedem Zeitpunkt auch möglich, dass dein Hund ein schweres gesundheitliches Problem bekommt. So ein Problem könnte zum Beispiel einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall sein. Das kann den natürlichen Sterbeprozess deutlich beschleunigen, ist vorher aber nicht absehbar.
Vergleich #2: Schmerzhaftigkeit
Sterben ist mit Schmerzen verbunden. Diese Schmerzen entstehen durch das langsame Abschalten der Körperfunktionen. Arbeiten Niere und Leber nicht mehr korrekt, vergiftet sich der Körper selbst. Das allein kann zu Schmerzen führen. Die Abfallstoffe können aber auch zu Krämpfen führen. Auch die sind schmerzhaft.
Zusätzlich erleiden die Tiere während des natürlichen Todes möglicherweise kleine Schlaganfälle. Diese Schlaganfälle sind nicht tödlich, stören aber die Signalübertragung im Gehirn. So kann es zu diffusen Schmerzen kommen.
Hinzu kommt, dass Hunde während des natürlichen Sterbeprozesses keine Nahrung mehr aufnehmen. Schmerzmedikamente müssten unter Zwang gegeben werden. Je nach Vorerkrankung kann das Sterben auch dadurch schmerzhafter werden.
Die Euthanasie soll ab dem Setzen der Narkose schmerzfrei ablaufen. Dein Hund bekommt ein Narkosemittel gespritzt, als würde er für eine Operation vorbereitet werden. Davon schläft er ein und spürt in diesem Zustand auch keinen Schmerz mehr. Das Mittel zur Euthanasie gibt der Tierarzt über den Zugang, den er auch für die Narkose benutzt hat.
Der natürliche Tod hat also ein deutlich höheres Schmerzpotential als die Euthanasie. Bei der Euthanasie ist der einzige Schmerz der, der durch das Setzen der Narkose entsteht.
Es ist aber auch möglich, den natürlichen Tod durch starke Schmerzmedikamente zu begleiten. Dann wäre dein Hund schmerzfrei oder hätte zumindest deutlich geringere Schmerzen. In den Verlauf des Prozesses würden die Medikamente aber nicht weiter eingreifen.
Vergleich #3: Kosten
Eine Euthanasie kostet Geld. Der genaue Preis setzt sich aus verschiedenen Posten zusammen, die dabei nötig werden. Allein die Euthanasie selbst, also die Injektion des Medikaments, das zum Tod führt, kostet mindestens 30 €. Nimmt dein Tierarzt einen höheren Satz, können die Kosten dafür auf bis zu 90 € steigen.
Hinzu kommen Einwegartikel, die Medikamente sowie die vorangegangene Narkose. Möglicherweise berechnet dir dein Tierarzt auch eine Allgemeine Untersuchung. Das ist nötig, weil er einen Hund nicht einfach so einschläfern darf. Er muss erst feststellen, dass es dem Tier sehr schlecht geht, es leidet und es keine erfolgsversprechenden Therapiemöglichkeiten gibt.
Dadurch kostet eine Euthanasie beim Hund insgesamt zwischen 100 und 400 €.
Der natürliche Tod ist kostenlos. Die Natur nimmt ihren Lauf, dafür braucht sie kein Geld. Möchtest du deinen Hund mit zusätzlichen Schmerzmedikamenten unterstützen, fallen Kosten an. Diese sind aber deutlich geringer als bei der Euthanasie.
Vergleich #4: Psychologische Belastung
Der Tod eines geliebten Haustieres ist immer eine enorme psychologische Belastung. Welche Option dabei sanfter ist, lässt sich auch nur im Einzelfall entscheiden. Manche Hundehalter wollen nicht in natürliche Abläufe eingreifen und „Gott spielen“. Andere möchten den Prozess lieber so schnell wie möglich beenden und hinter sich bringen.
Deswegen zähle ich dir im Folgenden auf, was genau zu den Belastungen führen kann. Welche Fragen stellen sich Hundehalter, die entscheiden müssen, ob sie ihren Hund einschläfern oder ihn auf natürliche Weise sterben lassen?
„Hätte es noch Hoffnung gegeben?“
Die wohl häufigste Frage nach einer Euthanasie ist, ob man damit wirklich richtig gehandelt hat. Hätte es nicht vielleicht doch noch eine Therapiemöglichkeit gegeben, um das Leben des eigenen Hundes zu retten?
Eine zu 100 % sichere Antwort kann ich dir nicht geben. Aber: Eine Euthanasie ist für einen Tierarzt immer eine schwierige Entscheidung. Er wird niemals leichtfertig dazu raten. Tatsächlich belastet das Thema Euthanasie Tierärzte sehr stark. Jeder Elfte leidet dadurch unter psychischen Beschwerden, wie du in einem Infoblatt von Karolina Kantor nachlesen kannst.
Idealerweise kennt dein Tierarzt deinen Hund bereits lange und damit auch seine Krankheitsgeschichte. Auf diese Weise weiß er sofort, was man noch probieren könnte, kann dir aber auch von unsicheren Behandlungsversuchen abraten.
„Habe ich im Interesse meines Hundes gehandelt?“
Egal ob es sich um eine Euthanasie oder einen natürlichen Tod handelt: Diese Frage kommt wohl immer auf. Ist der Schritt geschafft, hast du Zeit für solche Gedanken. Du fragst dich, ob du wirklich an das Wohl deines Hundes gedacht hast. Vielleicht machst du dir auch Vorwürfe, dass du ihn nicht gehen lassen wolltest. Andererseits könntest du glauben, ihn zu früh eingeschläfert zu haben, nur weil du ihn nicht mehr leiden sehen konntest.
Meiner Meinung nach haben deine Gefühle und Bedürfnisse in diesem Prozesse ebenso eine Daseinsberechtigung wie die deines Hundes. Und natürlich sollen sie dabei auch gehört und berücksichtigt werden.
Wenn dich die Situation so sehr belastet, ist es gerechtfertigt, einen schwerkranken Hund einzuschläfern. Das gilt auch, wenn der natürliche Sterbeprozess noch nicht begonnen hat und er möglicherweise noch mehrere Wochen gelebt hätte. Das weiß man schließlich auch nie vorher. Genauso ist es okay, wenn du dich an deinen Hund klammerst, auch wenn du weißt, dass er bald geht.
Am besten ist es, wenn du in so einer Situation nicht allein bist. Andere Personen, die eine weniger enge Beziehung zu deinem Hund haben, können dir vielleicht bei der Entscheidungsfindung helfen.
Vergleich #5: Mögliche Probleme
Beide Optionen bringen Probleme mit sich, die du bedenken solltest.
Der natürliche Tod ist nicht planbar. Dadurch, dass er sich über viele Tage ziehen kann, trifft er dich möglicherweise zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt. Ein sterbendes Tier sollte nicht allein bleiben. Kommt es zu Atemnot, droht ein Erstickungstod bei vollem Bewusstsein. Das wäre grausam und sollte durch eine rechtzeitige Euthanasie verhindert werden.
Sterbende Hunde machen manchmal charakterliche Veränderungen durch. Dabei sind auch plötzliche Aggressionen möglich. Dennoch braucht der Hund weitere Pflege.
Die psychische Belastung kann dadurch auch zur körperlichen werden. Du musst dafür sorgen, dass dein Hund auf sauberen Decken oder Handtüchern liegt, weil er unter sich machen wird. Manche Hunde schreien im Sterbeprozesse plötzlich und lange. Der Schlafmangel erschwert dir die Pflegearbeit am nächsten Tag.
Möglicherweise kommt es sogar zu Auseinandersetzungen mit Nachbarn oder dem Veterinäramt. Man könnte dir Tierquälerei vorwerfen. Auch wenn sich die Vorwürfe natürlich nicht bestätigen, kann das euer nachbarschaftliches Verhältnis nachhaltig schädigen.
Während der Euthanasie kann es auch zu Problemen kommen. Manche Hunde haben eine starke Panik vor dem Tierarzt. Selbst so kurz vor ihrem Tod würden sie noch mal alle Kräfte mobilisieren, um aus der Praxis zu fliehen. Das eigene Tier dann zurückzuzerren, fühlt sich schrecklich an.
Manche Tierärzte verweigern auch die Euthanasie und wollen stattdessen weitere diagnostische Mittel anwenden. Das kann zu Konflikten zwischen dir als Halter und dem Tierarzt führen.
Außerdem kann auch bei der Euthanasie selbst etwas schief gehen. Gibt der Tierarzt eine zu geringe Dosis des Medikaments, verzögert sich der Eintritt des Todes. Das ist belastend.
Ich musste so einer Euthanasie einmal beiwohnen. Das Tier war dadurch zwar tot, denn es hatte keinen Herzschlag mehr. Aber der Atemreflex funktionierte noch einige Minuten weiter. Das war natürlich für alle Beteiligten wirklich unschön.
Vergleich #6: Das Danach
Hat dein Hund seine letzte Reise angetreten, kommt eine weitere, schwierige Aufgabe auf dich zu. Du musst dich entscheiden, was mit seinem Körper passieren soll.
Bei einer Euthanasie bist du möglicherweise ohnehin bei deinem Tierarzt. Er wird dir anbieten, den Körper aufzubewahren und ihn an ein Tierbestattungsunternehmen zu übergeben. Stirbt dein Hund hingegen ohne anwesenden Tierarzt zu Hause, musst du dich darum kümmern.
Entweder bringst du seinen Körper zu deinem Tierarzt und überlässt ihm alles weitere. Oder du erkundigst dich selbst nach Tierbestattungsunternehmen in deiner Gegend.
Dein Hund wird nun eingeäschert und entweder auf einem Tierfriedhof bestattet oder du erhältst eine Urne. Diese Urne darfst du in deinem Zuhause aufstellen.
Alternativ kannst du deinen Hund auch direkt in deinem Garten beerdigen. Das ist aber nicht in jedem Bundesland ohne Weiteres erlaubt. Hier spielt unter anderem die Größe des Hundes eine Rolle.
Dieses Video fasst dir das Thema nochmal zusammen.
Übersicht
Damit du bei den ganzen Unterschieden nicht den Überblick verlierst, habe ich dir nochmals aufgelistet, was den natürlichen Tod und die Euthanasie ausmacht.
Der natürliche Tod | Die Euthanasie |
---|---|
dauert bis zu einer Woche | dauert nur wenige Minuten |
kann sehr schmerzhaft ablaufen | verläuft schmerzfrei |
ist kostenlos | kostet zwischen 100 und 400 € |
ist für dich möglicherweise psychologisch belastend | ist für dich möglicherweise psychologisch belastend |
kann durch plötzlich auftretende Atemnot oder lautes Schreien des Hundes begleitet werden | kann sich bei fehlerhafter Injektion verzögern |
Fazit
Puh, das war ein schweres Thema. Aber es ist gut, sich diese Gedanken zu machen. Am besten informierst du dich schon, bevor du dringend eine Entscheidung treffen musst. So gehst du mit etwas Abstand an die Aufgabe heran.
Ich möchte dir nicht zu 100 % zu einer der Optionen raten. Ein natürlicher Tod kann sehr friedlich ablaufen. Dein Hund nimmt dir möglicherweise durch einen Herzinfarkt auch die Entscheidung ab.
Für meine Tiere würde ich mich aber wohl doch immer für eine Euthanasie zu einem angemessenen Zeitpunkt entscheiden. Diesen ermittele ich gemeinsam mit meinem Tierarzt. Für mich wiegen die starken Schmerzen, die meistens mit einem natürlichen Tod verbunden sind, da am stärksten.
Das ist aber nur meine Meinung. Du kannst das völlig anders sehen.
Häufig gestellte Fragen
Wann ist der richtige Zeitpunkt, einen Hund einschläfern zu lassen?
Das ist eine individuelle Entscheidung. Spätestens wenn dein Hund Fressen und Trinken verweigert und nur noch apathisch herumliegt, solltest du diesen Schritt tun.
Kann man selbst entscheiden, ob ein Hund eingeschläfert wird?
Ohne deine Zustimmung darf der Tierarzt deinen Hund nicht einschläfern. Weigerst du dich, kann er jedoch das Veterinäramt informieren, das den Zustand deines Hundes prüfen wird.
Kann ein Tierarzt das Einschläfern verweigern?
Ja, ein Tierarzt ist nicht verpflichtet, einen Hund einzuschläfern, wenn er der fachlichen Meinung ist, dass dieser Schritt nicht nötig ist. Dir steht es aber natürlich ebenso frei, zu einem anderen Tierarzt zu gehen.