Nebelwesen des Elzufers

In den dichten, nebelverhangenen Wäldern entlang des mäandernden Flusses Elz lebte ein außergewöhnlicher Hund namens Nero. Nero war ein stolzer Deutsch Drahthaar, bekannt für seine bemerkenswerte Intelligenz und unerschütterliche Loyalität. Eines frühen Morgens, als die ersten Sonnenstrahlen sich durch den Nebel kämpften und der Tau in der Luft glitzerte, hörte Nero ein eigenartiges Geräusch.

Sein Besitzer, Martin, ein erfahrener Wildhüter, war gerade dabei, die Vorräte für den Tag zu überprüfen, als Nero plötzlich aufsprang und seine Ohren spitzte. Ein leises, aber deutliches Rascheln durchbrach die morgendliche Stille. Es kam vom Flussufer, etwa hundert Meter entfernt. Der Hund blieb regungslos stehen, seine Augen fixierten den Ursprung des Geräuschs.

Martin bemerkte Neros verändertes Verhalten sofort. „Was hast du gehört, Junge?“ fragte er leise. Doch bevor er überhaupt eine Reaktion erwarten konnte, war Nero bereits losgestürmt, seine kräftigen Beine schienen den Boden kaum zu berühren.

Am Flussufer angekommen, schnüffelte Nero intensiv den Boden ab, seine Nase folgte einer unsichtbaren Spur entlang des Wassers. Schließlich blieb er stehen und blickte zu einer kleinen, halb versteckten Höhle am Rand des Ufers. Martin, der ihm gefolgt war, trat vorsichtig näher. „Bleib hier, Nero,“ flüsterte er und machte sich bereit, die Höhle zu untersuchen.

Doch bevor Martin einen weiteren Schritt tun konnte, ertönte ein tiefes, bedrohliches Knurren aus dem Inneren der Höhle. Aus der Dunkelheit starrten glühende Augen heraus. Nero stellte sich sofort schützend vor Martin, seine Rute hoch erhoben, bereit zum Angriff. Das Knurren wurde lauter – und plötzlich, mit einem Satz, sprang eine Gestalt aus der Höhle hervor, die Neros Reflexe sofort testete.

Mit einer geschickten Bewegung wich er dem angreifenden Schatten aus und griff ihn geschickt an der Flanke. Doch was er dann sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren: Es war kein gewöhnliches Tier, sondern etwas, das er in seiner ganzen Laufbahn als Jagdhund nie zu Gesicht bekommen hatte. Der unbekannte Wesen funkelte und entfaltete sich zu einer gespenstischen Erscheinung.

Nero und Martin standen wie angewurzelt da, während das Wesen unheilvoll den Fluss entlang schwebte, in Richtung der nebelverhangenen Weiten. Ehe sie es sich versahen, war das Schattenwesen wieder verschwunden, aber die Angst und das Unbehagen, das es hinterlassen hatte, lagen schwer in der Luft.

„Wir müssen zurück ins Dorf, und zwar schnell,“ sagte Martin und packte Nero am Halsband. Doch als sie sich umdrehten, sahen sie etwas, das sie sofort innehalten ließ: Im Nebel zeichnete sich die Silhouette einer Gestalt ab, die weder Martin noch Nero je gesehen hatten, und sie kam direkt auf sie zu.

Teil 2:

Die Silhouette wurde klarer, je näher sie kam. Es war eine alte Frau, gekleidet in einem langen, dunklen Mantel, der bis auf den feuchten Boden reichte. Ihr Gesicht war von tiefen Falten durchzogen, und ihre Augen schienen die Weisheit vieler Jahre in sich zu tragen. Sie blieb stehen, nur wenige Schritte entfernt, und sah Martin und Nero mit durchdringendem Blick an.

„Ihr habt die Wächterin des Flusses gesehen,“ sagte sie mit einer Stimme, die ebenso alt klang wie sie selbst. „Seid nicht erschrocken. Sie hat euch nichts Böses zugetan.“

Martin, der immer noch den Schock in seinem Körper spürte, rieb sich nervös die Hände. „Wer sind Sie? Und was war dieses… Ding?“

„Ich bin Elara,“ antwortete die Frau ruhig. „Und das, was ihr gesehen habt, ist ein alter Geist, der den Fluss und das umliegende Land seit Jahrhunderten schützt. Nur wenige sind auserwählt, ihn zu sehen.“

Nero stand neben Martin, immer noch angespannt, aber seine Augen beobachteten die alte Frau genau. Elara lächelte und kniete sich vorsichtig nieder, um mit Nero auf Augenhöhe zu sein. Sie hielt ihm eine Hand entgegen, und nach einem Moment des Zögerns schnüffelte Nero an ihr. Zufrieden wedelte er leicht mit dem Schwanz.

„Nero weiß, dass ihr keinen Grund habt, Angst zu haben,“ sagte Elara und streichelte sanft den Hund. „Euer Weg hat sich mit dem des Geistes gekreuzt, weil er Hilfe benötigt. Ein großes Unheil steht bevor, und nur ihr, gemeinsam mit Nero, könnt es aufhalten.“



Martin sah verwirrt aus. „Was für ein Unheil?“

Elara stand wieder auf und zeigte in Richtung der Nebel, wo der Geist verschwunden war. „Es gibt eine dunkle Kraft, die den Fluss verseucht. Sie kommt von den Menschen, die das Land ohne Respekt behandeln. Der Geist spürte, dass ihr anders seid, dass ihr das Land und seine Wesen achtet. Damit habt ihr die Macht, das Gleichgewicht wiederherzustellen.“

Martin schluckte schwer, die Bedeutung von Elaras Worten war ihm noch nicht ganz klar. „Und wie können wir das tun?“

„Folgt dem Fluss, bis ihr an die Quelle gelangt. Dort werdet ihr auf diejenigen treffen, die verantwortlich sind. Ihr müsst sie dazu bringen, ihr Tun zu ändern. Habt Vertrauen in euch selbst und in die Weisheit von Nero.“

Mit diesen Worten drehte sich Elara langsam um und verschwand in den Nebelschwaden, als wäre sie nie da gewesen. Martin fühlte eine neue Entschlossenheit in sich aufsteigen. Er kniete sich neben Nero und flüsterte: „Wir schaffen das, alter Freund.“

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg, den Fluss entlang. Der Nebel lichtete sich allmählich und gab den Blick auf die Schönheit des Waldes frei. Nach Stunden des Laufens und unermüdlichen Suchens erreichten sie schließlich die Quelle des Flusses Elz. Dort fanden sie eine illegale Müllablagerungsstelle, die die heiligen Wasser verschmutzte. Mehrere Arbeiter waren dabei, weiterhin Abfälle ins Wasser zu kippen.

Martin zögerte nicht. Mit Neros Unterstützung konfrontierte er die Gruppe, verwies auf die Schäden und den drohenden Untergang des heimischen Ökosystems. Seine leidenschaftliche Rede und Neros eindringlicher Blick ließen die Männer innehalten. Nach einigen hitzigen Diskussionen stimmten sie zu, das Abladen einzustellen und die Verschmutzungen zu beseitigen.

Monate vergingen, während Martin und Nero die Heilung des Flusses beobachteten. Mit der Hilfe der Dorfbewohner gelang es ihnen, das Gebiet zu reinigen und wiederherzustellen. Die Wächterin des Flusses erschien nie wieder, aber ihr Segen war spürbar. Neros Ruf als Held des Waldes verbreitete sich, und er und Martin wurden zu wahren Hütern der Natur.

Schließlich, an einem friedlichen Morgen, als der Nebel sich erneut über die Wälder legte, wusste Martin, dass sie ihre Aufgabe erfüllt hatten. Er blickte auf den stolzen Hund an seiner Seite und lächelte. „Wir haben es geschafft, Nero. Du bist ein wahrer Held.“

Nero wedelte glücklich mit dem Schwanz, und gemeinsam wanderten sie zurück nach Hause, in ein neues Abenteuer, das hinter jedem Baum und unter jedem Stein wartete.

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