Nebel des Unheils

Nebel hüllte die windgepeitschten Klippen der rauen Küste ein, als der kleine, aber mutige Rauhaardackel Klaus die Nase in den Morgenwind hielt. Der salzige Duft der See mischte sich mit der erdigen Frische des Waldes, der hier auf steinigen Landzungen wuchs. Klaus war schon oft auf Abenteuer gestoßen, aber dieses Mal fühlte es sich anders an. Etwas lag in der Luft, etwas, das seine Sinne auf Hochtouren brachte.

Sein geliebter Mensch, Anna, war an diesem nebligen Morgen früher als gewöhnlich mit ihm aufgebrochen. Sie waren einem Pfad gefolgt, der sich wie eine Schlange durch den Küstenwald wand und schließlich auf einem felsigen Plateau endete. Hier oben hatte Klaus eine bessere Sicht auf das Meer, das unter ihnen unruhig tosende Wellen schlug. Doch der Nebel war heute dichter als je zuvor, und das machte ihn unruhig.

Anna blieb abrupt stehen und betrachtete etwas, das auf dem Boden lag. Klaus schnupperte intensiv und erkannte den unverwechselbaren Geruch von Metall und Öl. „Eine Krabbenfalle“, murmelte Anna nachdenklich. Aber warum lag sie auf dem Weg und nicht im Wasser? Klaus bellte aufgeregt, als ob er Anna sagen wollte, dass dies ein Hinweis war – ein Hinweis auf ein Geheimnis, das nur darauf wartete, gelüftet zu werden.

Plötzlich zuckte Anna zusammen und drehte sich um. „Hast du das gehört, Klaus?“, fragte sie und spähte angestrengt in den Nebel. Klaus spitzte die Ohren. Da war es wieder – ein leises, fast unmerkliches Kratzen, das von den Felsen über ihnen zu kommen schien. Herzklopfen durchfuhr den kleinen Dackel, als er sich langsamer werdend auf die Hinterpfoten setzte, um besser hören zu können.

In diesem Moment brach ein großer, dunkler Schatten durch den Nebel. Etwas bewegte sich auf sie zu, schnitt durch die dünne Schicht aus dunstiger Feuchtigkeit und schien direkt auf Anna und Klaus zuzurasen. Instinktiv stellte Klaus sich schützend vor Anna, seine Pfoten fest auf dem kalten Boden, sein Knurren warnend.

Anna griff nach der Kurbel der seltsamen Falle, bereit sich zu verteidigen, als ein tiefes Grollen die Luft durchdrang. Noch bevor sie reagieren konnte, ergriff ein starker Luftzug beide und zog sie unerbittlich näher an den Rand der Klippe.

Klaus‘ Herz pochte wild, als etwas Unbekanntes und Bedrohliches im Nebel auftauchte – etwas, das stärker und gefährlicher wirkte als alles, was sie bisher gesehen hatten. Die Bedrohung kam näher und schon im nächsten Moment…

Fortsetzung folgt.

Teil 2:

Der Nebel lüftete sich ein wenig, und die Konturen eines massiven Wesens begannen sich abzuzeichnen. Es war ein gigantischer, schwarzer Hund mit stechenden, roten Augen. Sein Fell schien wie Pech zu glänzen und jeder Schritt des Kolosses ließ den Boden unter seinen Pfoten erbeben.

Anna hielt den Atem an. Klaus‘ Knurren verstummte vor Schreck, aber sein mutiges Herz ließ ihn keinen Schritt zurückweichen. Der gigantische Hund blieb einige Meter entfernt stehen und seine kühlen Augen musterten sie eindringlich.

„Wer seid ihr?“, grollte eine tiefe, hallende Stimme, die von überall und nirgends gleichzeitig zu kommen schien. Anna und Klaus tauschten einen schnellen Blick, bevor Anna schließlich stotternd antwortete: „Ich… ich bin Anna und das ist Klaus. Was… was seid Ihr?“

Das riesige Wesen hob majestätisch den Kopf. „Ich bin Fenrir, der Hüter dieser Klippen. Nur wer reinen Herzens ist und echten Mut besitzt, darf sich mir nähern. Schon viele haben diesen Test nicht bestanden. Warum seid ihr hier?“

Anna war noch dabei, Worte zu finden, als Klaus entschlossen vorglückte. Er bellte kräftig und direkt, als wolle er Fenrir damit sagen, dass er keine Angst vor ihm habe und dass ihre Reise mit einem reinen Herzen und unschuldiger Neugier begann.



Fenrirs Augen schienen für einen Moment weicher zu werden. „Ihr seid nicht wie die anderen. Menschen, die hierher kamen, suchten Macht und Reichtum, sie wollten dieses Land für sich beanspruchen. Aber du, kleiner Dackel, du willst nur dein Heim und deine Menschen schützen.“

Anna sah den großen Hund durchdringend an. „Was ist es, das diese Klippen so besonders macht? Warum sind sie so bewacht?“

Fenrir schnaubte und führte sie zu einem Felsvorsprung, der verborgen in einer kleinen Höhle lag. Als sie hineintraten, offenbarte sich ihnen ein geheimnisvoll leuchtender Kristall. „Dieser Kristall hält die Balance zwischen Land und Meer, zwischen Wald und Küste. Wer ihn für dunkle Zwecke missbraucht, zerstört das Gleichgewicht der Natur.“

Plötzlich donnerten schwere Schritte von draußen. Eine Gruppe bewaffneter Männer erschien, angeführt von einem bedrohlich aussehenden Mann mit kalten Augen. „Da seid ihr ja!“, rief er und zeigte auf den Kristall. „Gebt ihn mir!“

Fenrirs Augen verengten sich zu Schlitzen. „Ihr werdet den Kristall nicht bekommen“, knurrte er. Anna und Klaus stellten sich erneut mutig vor den Hüter der Klippen, bereit, ihn zu verteidigen. Die Banditen zögerten kurz, wohl wissend, dass sie gegen Fenrir, Anna und Klaus keine Chance hatten.

Klaus begann, aufgeregt um die Eindringlinge herumzubellen. Fenrir sah ihm zu und schien zu verstehen, was der kleine Dackel vorhatte. Mit einem kräftigen Sprung schnappte Klaus nach einer losen Wurzel, die über die Klippe ragte, und zeigte Anna durch hartnäckiges Ziehen an, dass sie folgen sollte. Gemeinsam schnürten und befestigten sie die Wurzel, schufen so ein natürliches Hindernis.

Anna warf einen letzten Blick auf den Kristall, und ein Verständnis funkelte ihr in den Augen. „Wir müssen gehen, Fenrir wird das Gleichgewicht bewahren“, sagte sie und nahm Klaus auf den Arm. Sie huschten durch eine kleine, geheime Passage, die Fenrir ihnen zeigte.

Als sie wieder auf dem felsigen Plateau waren, löste sich der Nebel weiter auf und die Morgensonne durchbrach die Wolkendecke. Unter strahlendem Licht atmete Anna tief durch und Klaus wedelte aufgeregt mit dem Schwanz.

Von den Klippen erklang ein letztes, fernes Geheul. Ein Zeichen, dass Fenrir weiterhin auf die Küste aufpasste. Mit dem Gefühl, ein großes Abenteuer bestanden und ein tiefes Geheimnis gewahrt zu haben, machten sich Anna und Klaus auf den Weg nach Hause. Sie ließen den gefährlichen Nebel hinter sich und wussten, dass sie immer von einem geheimnisvollen Freund beschützt würden.

Und so endete ihr Abenteuer an den windgepeitschten Klippen, doch in ihren Herzen würde die Erinnerung an diesen magischen Ort und den treuen Hüter für immer weiterleben.

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