Eine Heimliche Rettung am Meer

Felsen umgaben die heimliche Bucht, an der die Wellen des Ozeans unermüdlich brachen. Flut und Ebbe bestimmten den Rhythmus dieses abgeschiedenen Ortes, an dem die dichte Küstenvegetation sich bis ans Wasser erstreckte. Barry, ein kräftiger Bernhardiner, durchsuchte emsig das felsige Terrain. Seine schnüffelnde Nase berührte den Boden immer wieder, während seine aufgestellten Ohren aufmerksam lauschten.

Barry hatte diesen Ort nicht zufällig gefunden; seine feine Spürnase und sein untrügliches Gespür hatten ihn hierhergeführt. Seit Tagen hörte er nachts ein leises Winseln über das schäumende Meer, das ihm keine Ruhe ließ. Die Menschen im nahegelegenen Dorf hatten sich längst daran gewöhnt und ihm wenig Bedeutung beigemessen, doch Barry wusste instinktiv, dass etwas nicht stimmte. Irgendetwas – oder jemand – brauchte Hilfe.

Plötzlich blieb Barry abrupt stehen. Er hatte etwas entdeckt: eine schmale Öffnung zwischen den Felsen, halb verdeckt durch Seetang und Treibholz. Durch das aufgewühlte Wasser hindurch konnte er einen schwachen Geruch wahrnehmen, der Angst und Verzweiflung verriet. Mit einem tiefen Brummen, das ebenso Mut wie Unsicherheit ausdrückte, schob er sich weiter in die schmale Öffnung hinein. Der Raum hinter den Felsen war beklemmend dunkel und der Boden feucht. Ein dumpfes Geräusch hinter ihm ließ ihn stutzen; ein Grollen, das nicht vom Meer stammen konnte.

In der Ferne erkannte Barry ein schimmerndes Licht. Irgendetwas reflektierte die wenigen Sonnenstrahlen, die durch die Felsspalten fielen. Als er näher kam, wurde der Geruch stärker. Er erkannte nun, dass es tatsächlich von einem anderen Hund stammen musste – und der Hund war in ernsthaften Schwierigkeiten.

Das Winseln wurde lauter, aber es war nicht nur ein Ausdruck von Angst, sondern eine Botschaft. Barry erkannte, dass der Hund versuchte, ihn vor etwas zu warnen. Er drängte sich weiter durch den engen Gang und sah schließlich die Quelle des Lichts: ein rostiges, altes Metalltor, halb vergraben unter einer Schicht von Algen und Sand. Und dahinter, kaum sichtbar, ein riesiger Schatten der sich regte.

In diesem Moment wurde Barry klar, dass er auf etwas Größeres gestoßen war, als er es sich jemals hätte vorstellen können. Ganz nah und viel zu schnell näherte sich das bedrohliche Geräusch hinter dem Tor. Barry setzte zu einem letzten Satz an, als plötzlich…

…das Metalltor aufsprang und in ein blendendes Licht getaucht wurde. Barry blinzelte und sah sofort das verzweifelte Gesicht eines kleinen Beagle-Welpen, der an einer rostigen Kette festgebunden war. Der Welpe fiepte erneut, aber seine Augen waren fest auf etwas hinter Barry gerichtet. Barry wirbelte herum und sah sich einer riesigen Krebsspinne gegenüber, die aus einer dunklen Ecke des Raumes hervorkroch. Ihre scherenbewehrten Beine klickten bedrohlich auf dem felsigen Boden.

Mit einem tiefen Knurren machte Barry sich bereit, den Welpen zu verteidigen. Trotz seiner eigenen Angst verspürte er eine Welle des Schutzinstinkts. Die Krebsspinne machte einen Vorstoß, ihre scharfen Scheren blitzten in dem diffusen Sonnenlicht. Barry sprang dazwischen, seinen massigen Körper als Bollwerk aufbietend, und verbellte die Kreatur lautstark.

Für einen Augenblick schien es, als würde die Krebsspinne zögern. Dann setzte sie zu einem zweiten, wütenderen Angriff an. Barry wich geschickt aus und nutzte seine gewaltige Kraft, um gegen eine der Beine zu stoßen. Ein klaffender Riss entstand in dem Panzer der Spinne, und sie gab ein widerliches, hohles Kreischen von sich.

Mit einem letzten Anlauf drängte Barry die Spinne in die Enge des Raumes zurück. Die Kreatur, nun schwer verletzt, zog sich widerwillig zurück in eine dunkle Spalte in der Wand und verschwand in der Tiefe. Immer noch zitternd, wandte sich Barry dem Welpen zu. Mit seinen kräftigen Kiefern biss er die rostige Kette durch und befreite den kleinen Beagle, der sich sogleich dankbar an ihn schmiegte.

Langsam lotste Barry den Welpen aus der beklemmenden Dunkelheit hinaus ans Tageslicht. Die frische Meeresluft und das Rauschen der Wellen empfingen sie, als sie schließlich die schmale Öffnung hinter sich ließen. Der Welpe, der vor Angst gezittert hatte, schien sich zu beruhigen, als er die Freiheit und das Wasser sah.

Barry führte den kleinen Beagle zurück ins Dorf. Die Dorfbewohner, die zunächst überrascht waren, kamen herbei und erfuhren von der tapferen Rettung. Sie kümmerten sich liebevoll um den kleinen Hund, gaben ihm Wasser und Nahrung, während Barry stolz aber erschöpft zusah.

Der Bürgermeister des Dorfes trat vor und legte Barry eine Medaille um. „Du bist unser Held, Barry. Ohne dich hätten wir den kleinen Kerl niemals gefunden.“

Barry ließ die Zeremonie über sich ergehen; für ihn war das Rauschen der Brandung, der Wind, der durch sein dichtes Fell strich, und das wohlige Gefühl im Bauch, dass er das Richtige getan hatte, Belohnung genug. Der Sommerabend brach herein, und die untergehende Sonne tauchte die Bucht in ein goldenes Licht. Der kleine Beagle, der nun sicher und wohlbehütet war, sah zu Barry auf, als wolle er ihn seinen besten Freund für immer nennen.

Barry wusste, dass er wiederkommen würde, falls das Meer oder die Küstenvegetation jemals wieder ein Geheimnis verbarg, das seine Hilfe erforderte.



Und so kehrte Frieden und Hoffnung in die kleine, heimliche Bucht zurück, dank Barry – dem mutigen Bernhardiner.

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