Das Flüstern der Wälder

Es war ein kalter Herbstmorgen, als ich das erste Mal den staubigen Weg hinunter zum Fluss entlangschlenderte. Mein Name ist Lina, und ich lebe in einem kleinen Dorf, das von endlosen Wäldern und klaren Bächen umgeben ist. An jenem Morgen sollte sich alles in meinem beschaulichen Dasein ändern.

Ich blinzelte gegen die aufgehende Sonne, als ich ein leises Rascheln im Unterholz hörte. Voll Neugier trat ich näher und entdeckte einen Labrador Retriever, der mit wedelndem Schwanz aus dem Gebüsch auftauchte. Sein glänzendes schwarzes Fell glänzte im frühmorgendlichen Licht, und seine wachen braunen Augen strahlten eine unverkennbare Intelligenz aus. „Wer bist du denn?“, fragte ich in die Stille hinein, überrascht über die plötzliche Begegnung. Der Hund hob den Kopf und sah mich an, als verstehe er jedes Wort.

„Oh, du siehst aus, als hättest du keine Angst“, sagte ich und kniete mich nieder, um ihm meine Hand hinzustrecken. Vorsichtig kam er heran, schnüffelte kurz und leckte dann wohlwollend meine Handfläche. „Wie soll ich dich nennen … wie wäre es mit Koda?“ Er schien den Namen zu akzeptieren, ja sogar zu mögen, und bellte einmal fröhlich.

In den folgenden Wochen wurde Koda zu meinem ständigen Begleiter. Wir erkundeten gemeinsam die Wälder, schwammen im Fluss und erlebten viele kleine Abenteuer. Er war nicht nur mutig und loyal, sondern auch unverschämt clever. Es schien, als ob er mich besser verstehen konnte als jeder Mensch.

Eines Abends, als die Dämmerung den Himmel in tiefes Violett tauchte, bemerkte ich eine seltsame Veränderung in Koda. Er war unruhig, rannte am Ufer auf und ab und starrte in die dunkelnden Wälder hinüber. Sein Verhalten machte mich nervös. „Was ist los, Koda?“, fragte ich besorgt, aber er antwortete nur mit einem tiefen Knurren, das ich noch nie zuvor bei ihm gehört hatte.

Plötzlich sah ich es auch. Im Schatten der Bäume war ein Schwarm von Lichtpunkten aufgetaucht, als wären es Glühwürmchen. Aber das war unmöglich in dieser Jahreszeit. Koda sprang auf und bellte laut, forderte mich auf, ihm zu folgen. Ohne nachzudenken, rannte ich hinter ihm her, durch das dichte Unterholz, über Zweige und Wurzeln, bis wir an einen verborgenen Teich im Wald kamen.

Doch was ich dort sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren…

(Fortsetzung folgt)

Teil 2:

Im Schein der fremdartigen Lichtpunkte schimmerte die Oberfläche des Teiches wie Glas. Es war, als hätte die Zeit ihre zarten Fesseln gelöst und alles schwebte in einem unnatürlichen Stillstand. Koda stand regungslos neben mir, seine Ohren aufgestellt, und blickte fixiert auf die seltsame Szenerie vor uns.

Mit zitternden Händen griff ich nach einem Ast am Boden, um mich an etwas Realem festzuhalten. Plötzlich erhob sich eine silberne Gestalt aus dem Wasser, elegant und doch unheimlich. Eine Frau mit langem, fließendem Haar, das wie Mondlicht über ihre Schultern fiel. Ihre Augen waren tief und unergründlich, und sie öffnete den Mund, um zu sprechen.

„Lina,“ sagte sie mit einer Stimme, die wie ein Flüstern des Windes klang, „du hast meinen Wächter gefunden.“ Sie zeigte auf Koda, der nun neben mir saß, seine Augen unverwandt auf die Gestalt gerichtet. „Er ist nicht nur ein Hund, sondern ein Hüter dieses Waldes. Und du, Lina, bist die Auserwählte, die ihn und damit diesen Ort schützen muss.“

Ich schluckte schwer und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. „Was bedeutest du?“, fragte ich schließlich, meine Stimme kaum mehr als ein Hauch.

Die Frau lächelte sanft. „Es gibt eine alte Macht, die in diesen Wäldern ruht, Lina. Eine Macht, die das Gleichgewicht zwischen unserer Welt und der Natur bewahrt. Doch dunkle Kräfte haben begonnen, diesen Ort zu bedrohen. Koda hat dich ausgewählt, weil er das Licht in dir gesehen hat. Ihr beide müsst das Gleichgewicht wiederherstellen.“

Ein überraschendes Gefühl der Entschlossenheit durchströmte mich. “Aber wie? Was sollen wir tun?”, fragte ich entschlossen.



Die Gestalt hob einen silbernen Stab und wies auf eine Richtung im Wald. „Folgt dem Pfad der Sterne. Dort werdet ihr den Dunkelmeister finden, der versucht, unsere Welten zu verschlingen. Nur durch Mut und Herz könnt ihr ihn besiegen.“

Koda bellte zustimmend, und ohne weitere Fragen rannte ich los, an seiner Seite. Die seltsamen Lichtpunkte zeigten uns den Weg, und bald standen wir vor einer dunklen Höhle, deren Eingang wie ein bedrohliches Maul aussah.

Mit einem tiefen Atemzug trat ich ein, Koda eng an meiner Seite. Der Weg führte uns tiefer in die Höhle, bis wir schließlich in einem großen, natürlichen Saal ankamen, in dessen Mitte eine dunkle Gestalt stand. Der Dunkelmeister.

Seine Augen funkelten böse, und schwarze Magie wirbelte um seine Hände. „So, ihr glaubt, mich besiegen zu können?“, lachte er höhnisch. „Ihr beide seid nichts gegen meine Macht!“

Doch ich erinnerte mich an die Worte der Frau und fühlte die Stärke, die aus meiner Verbindung zu Koda kam. Mit einem entschlossenen Blick stand ich vor dem Dunkelmeister und rief: „Wir mögen klein erscheinen, aber wahres Herz und Loyalität überwiegen jede schwarze Magie!“

Koda sprang in die Luft, und in diesem Moment durchströmte eine Welle von Licht und Energie ihn und floss in mich über. Gemeinsam wurden wir zu einer leuchtenden Einheit, die Dunkelheit durchdrang und den Saal mit strahlendem Licht erfüllte. Der Dunkelmeister versuchte, uns zu widerstehen, aber letztendlich löste sich seine Gestalt in einem Schrei von Schatten und Rauch auf.

Erschöpft, aber siegreich sank ich neben Koda zu Boden, der zufrieden hechelte und meine Hand leckte. Wir hatten es geschafft; das Gleichgewicht war wiederhergestellt.

Mit jedem Schritt, den wir aus der Höhle traten, verschwand die Dunkelheit, und das Licht der Morgenröte begrüßte uns. Die Lichtgestalt erschien ein letztes Mal und sprach: „Ihr habt das Land gerettet, und damit euren eigenen Weg geebnet. Koda und du werdet immer die Wächter des Waldes bleiben, gemeinsam und stark.“

Und so kehrten wir, erschöpft aber glücklich, in unser kleines Dorf zurück. Der Wald und seine Geheimnisse blieben uns treu, und Koda und ich wussten, dass unser Band unzerstörbar war – verbunden durch Mut, Herz und die Magie der Natur.

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