Baustellen-Geheimnisse in Hundlingen
Wenn die Sonne über den Hochhäusern von Hundlingen aufging und die Straßen allmählich vom nächtlichen Trubel zur morgendlichen Hektik wechselten, war es Zeit für Napoleons täglichen Spaziergang. Napoleon, ein temperamentvoller Bloodhound mit einem löwenartigen Herzen und einer Nase, die jede Pfütze, jeden Baum und jedes Butterbrotpapier der Stadt erschnüffeln konnte, war der beste Freund von Max.
Max war 32 Jahre alt, Kommunikationsdesigner von Beruf und vor allem: leidenschaftlicher Hundehalter. Napoleon und Max waren berüchtigt für ihre gemeinsamen Abenteuer, nicht nur in den Parkanlagen der Stadt, sondern auch in den engen Gassen und überfüllten Märkten, wo Napoleon seine Spuren hinterließ – im wahrsten Sinne des Wortes.
Heute, an einem sonnigen Montagmorgen, machte sich das dynamische Duo auf den Weg zum Hundepark im Herzen von Hundlingen. Dort trafen sich allerlei Vierbeiner und ihre Besitzer, um zu plaudern, zu spielen und dem Alltag zu entfliehen. Napoleon liebte den Park, denn hier konnte er rennen, schnüffeln und seine Freunde treffen: die elegante Pudel-Dame Fifi, den hyperaktiven Jack Russell Terrier Spike und den gemächlichen Bernhardiner Hugo.
„Na, Napoleon, bist du bereit für ein neues Abenteuer?“ fragte Max, während er den Hund losband. Napoleon knurrte leise vor Vorfreude und stürzte davon, seine lange Nase dicht am Boden, auf der Suche nach neuen Gerüchen und vielleicht auch nach einem neuen Geheimnis.
Während Napoleon umherlief, fiel ihm ein besonders intensiver Duft auf. Er folgte der Spur quer durch den Park, bis er an einem hohen Zaun stehen blieb, der den Park von einer mysteriösen Baustelle trennte. Max, der das plötzliche Interesse seines Hundes bemerkt hatte, kam näher. „Was hast du da gefunden, Kumpel?“ fragte er neugierig.
Napoleon schnüffelte unermüdlich am Zaun entlang und entdeckte einen kleinen, schlecht verdeckten Durchschlupf. Er drückte seinen Kopf und dann seinen Körper hindurch. Max, der keine andere Wahl hatte, folgte dem großen Hund auf dem Fuß. Auf der anderen Seite des Zauns fanden sich beide inmitten eines verlassenen Baustellenbereichs wieder.
Hier standen verrostete Kräne und unvollendete Gebäude – ein merkwürdiger, fast post-apokalyptischer Anblick mitten in der pulsierenden Großstadt. Napoleon führte Max zu einem halb begrabenen Baucontainer, aus dem plötzlich dumpfe Geräusche drangen. Max‘ Herz begann schneller zu schlagen.
Napoleon bellte plötzlich laut, was das dumpfe Geräusch verstummen ließ. Max näherte sich vorsichtig dem Container und erkannte, dass die Geräusche von innen kamen. Bevor er jedoch weiter überlegen konnte, wie sie hineinkommen könnten, fiel ihm ein alter, teilweise verdeckter Zugang auf der Seite auf.
„Bleib hier, Napoleon,“ flüsterte Max, auch wenn er wusste, dass der Bloodhound ihm nicht gehorchen würde. Zusammen näherten sie sich dem Einstieg.
Max zog die verrostete Tür langsam auf und als sie öffnete, strahlte plötzlich helles Licht heraus. Doch bevor sie erkennen konnten, was im Inneren lauert, erfasste sie ein ohrenbetäubendes Geräusch…
Teil 2:
Das ohrenbetäubende Geräusch verwandelte sich in ein tiefes, rhythmisches Brummen, als Max und Napoleon versuchten, ihre Augen an das grelle Licht zu gewöhnen. Im Inneren des Containers bot sich ihnen ein Anblick, den sie niemals erwartet hätten: eine hochmoderne, voll funktionsfähige Kommandozentrale, mitten in der verlassenen Baustelle.
Max traute seinen Augen kaum. Bildschirme, voll mit Datenströmen und Überwachungsvideos, blinkten und flackerten. Das Brummen stammte von einem gigantischen Generator, der die ganze Anlage mit Strom versorgte. An einer Konsole saß ein Mann im schwarzen Anzug und mit einem Headset auf dem Kopf, doch er bemerkte die beiden Eindringlinge nicht sofort.
Napoleon bellte wieder, diesmal lauter, und der Mann zuckte zusammen. Blitzschnell drehte er sich um und fixierte Max und Napoleon mit einem durchdringenden Blick. „Was soll das hier?“ fragte Max mutig. Der Mann sprang auf, die Überraschung wich schneller Berechnung. „Du solltest nicht hier sein. Keiner sollte das.“
Bevor Max reagieren konnte, stürmte Napoleon entschlossen vor und stellte sich schützend vor seinen Freund. Die instinktiv beschützende Haltung des Bloodhounds ließ den Mann für einen Moment innehalten. Max nutzte die Gelegenheit: „Was passiert hier? Wer bist du?“
„Es ist besser, wenn ihr fragt, wer IHR seid,“ antwortete der Mann kryptisch, ein selbstsicheres Lächeln huschte über seine Lippen. „Wir können das klären, aber haltet euren Hund zurück.“
„Komm her, Napoleon,“ befahl Max sanft, und widerwillig folgte der Bloodhound, ohne den Fremden aus den Augen zu lassen. Der Mann setzte sich wieder hin, begann hastig auf der Konsole herumzutippen und redete dabei weiter: „Ihr habt einen, sagen wir mal, ’nationalen Sicherheitsbereich‘ betreten. Mein Name ist Agent Wolf. Und ich muss sagen, das Auftauchen eures Hundes könnte ein wegweisender Zufall oder ein großes Problem sein.“
„Nationaler Sicherheitsbereich? Mitten in Hundlingen? Das sehe ich anders,“ entgegnete Max skeptisch. Napoleon, seine Nase in der Luft, schnüffelte wieder intensiv. Etwas in der Kommandozentrale ließ seine Instinkte nicht ruhen. Plötzlich ruckte er in eine Ecke des Containers, zog an einer Matratze und legte ein großes, unbeschriftetes Paket frei.
Agent Wolf sprang auf und wollte das Paket greifen, aber Napoleon war schneller. Er packte das Paket mit seinem Maul und sprang zu Max zurück. Agent Wolf blieb wie versteinert stehen und starrte die beiden an. „Ihr müsst das verstehen,“ begann er, „das ist hochgeheime Information. Wir entwickeln hier Technologie, um –“
Max unterbrach ihn. „Technologie hin oder her. Kein Grund, das hier zu verstecken.“ Er winkte Napoleon zu, und gemeinsam verließen sie die Kommandozentrale, das unbeschriftete Paket sicher unter Max‘ Arm.
Gerade als sie durch den Durchschlupf schlüpften, hörten sie die Sirenen der eintreffenden Polizei und die Rufe der Beamten, die sich schnell in der Baustelle verteilten. Wenige Sekunden später packte ein Polizist Agent Wolf und drückte ihn gegen den Zaun, Handschellen klickten.
„Guter Junge, Napoleon,“ sagte Max schwer atmend, seine Hand kraulte zärtlich Napoleons Kopf. „Wir haben ungewollt ein Verbrechernest aufgedeckt.“
Napoleon bellte einmal und setzte fröhlich seinen Spaziergang fort, sich dabei triumphierend umschauend. In seinen Augen funkelte das Wissen um ein weiteres abgeschlossenes Abenteuer, das ihn seinem Ruf als die beste Spürnase Hundlingens bestätigte.
„Komm, Kumpel,“ sagte Max schließlich. „Wir haben noch einen langen Tag vor uns. Und ich wette, Spike und Fifi werden diese Geschichte kaum glauben können.“ Mit einem letzten Blick zurück auf die verblassende Baustelle führte er Napoleon zurück in den Park, wo das alltägliche Leben bereits in vollem Gange war.
Max und sein heldenhafter Bloodhound gingen stolz nebeneinander her, bereit für das nächste Abenteuer, das hinter der nächsten Ecke auf sie wartete.